§26 WO Verfahren bei der Stimmabgabe (schriftliche Stimmabgabe)

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§26 Verfahren bei der Stimmabgabe

Wird angewendet im normalen Wahlverfahren.


(1) Unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe öffnet der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 25), so legt der Wahlvorstand den Wahlumschlag nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste ungeöffnet in die Wahlurne.

  • Kann nur bei Wahlvorgang in einem Wahllokal durchgeführt werden, da alle stimmberechtigten Mitglieder des WVS zusammentreten müssen. Bei mehreren Wahllokalen müssen die Mitglieder erst nach Ablauf der Stimmabgabe in einem Wahllokal zusammenkommen.


Praxis-Tipp: öffentliche Stimmauszählung

Da auch in diesem Fall der Einwurf öffentlich zu erfolgen hat, sollte ggf. auf diesen Termin frühzeitig aufmerksam gemacht bzw. die Öffentlichkeit bewusst durch Einladung von Wahlberechtigten hergestellt werden.

  • Unbedingt sicherstellen, dass alle bis zum Ende der Stimmabgabe im Betrieb (Pförtner; Verwahrung beim WVS etc.) eingegangenen Freiumschläge berücksichtigt werden.
  • Anhand der Wählerliste ist zu prüfen, ob der Wähler nicht schon persönlich gewählt hat. In diesem Falle sind die Briefwahlunterlagen mit Vermerk zu den Akten zu nehmen.
  • Wahlumschläge werden verschlossen in die Urne gelegt.
  • Einladung und TO für diese Sitzung nicht vergessen.


(2) Verspätet eingehende Briefumschläge hat der Wahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen. Die Briefumschläge sind einen Monat nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten worden ist.

  • Im Falle der Anfechtung bis zur rechtskräftigen Entscheidung ungeöffnet aufbewahren.


Rechtsprechung

BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 12.6.2013, 7 ABR 77/11

Betriebsratswahl - Stimmabgabevermerk

Leitsätze

Der Nachweis der Stimmabgabe kann nicht auf andere Weise als durch den nach § 12 Abs. 3 WO in Anwesenheit des Wählers oder in Fällen schriftlicher Stimmabgabe nach § 26 Abs. 1 Sätze 1 und 2 WO in öffentlicher Sitzung anzubringenden Stimmabgabevermerke geführt werden.

Orientierungssatz

1. Befinden sich bei der Stimmenauszählung mehr Stimmzettel in der Wahlurne als Stimmabgaben in der Wählerliste vermerkt waren, ist dies entweder darauf zurückzuführen, dass Wahlvorstand bzw. Wahlhelfer es unterlassen haben, von Wahlberechtigten abgegebene Stimmen zu vermerken, oder darauf, dass die Stimmabgaben nicht Wahlberechtigter zugelassen wurden. In beiden Fällen ist § 12 Abs 3 BetrVGDV1WO verletzt.(Rn.17)

2. Durch den Stimmabgabevermerk in der Wählerliste wird verhindert, dass nicht zur Wahl berechtigte Personen eine Stimme abgeben oder Wahlberechtigte mehrfach wählen, etwa durch Briefwahl und zusätzlich an der Urne. Ein Abgleich der Anzahl abgegebener Stimmen mit der Zahl der Stimmabgabevermerke ermöglicht außerdem die Kontrolle, ob über die von Wahlberechtigten abgegebenen Stimmen hinaus weitere Wahlumschläge in die Wahlurne geworfen wurden.(Rn.18)

3. Die Stimmabgabe kann auch in einer elektronisch geführten Wählerliste vermerkt werden. Zur Vermeidung einer mehrfachen Stimmabgabe in verschiedenen Wahllokalen muss dabei sichergestellt sein, dass der Eintrag in der elektronisch geführten Wählerliste zugleich in den anderen Wahllokalen sichtbar ist.(Rn.18)

4. Der Grundsatz der geheimen Wahl gilt nicht nur für den eigentlichen Wahlakt, sondern auch für die Wahlvorbereitung sowie nach Beendigung der Wahl gegenüber Auskunftsverlangen über die Stimmabgabe. Einschränkungen des Grundsatzes der geheimen Wahl nach § 14 Abs 1 BetrVG sind nur zulässig, wenn diese zur Durchführung einer ordnungsgemäßen Wahl erforderlich sind. Diese Grundsätze sind insbesondere durch das Verfahren über die Stimmabgabe, den Wahlvorgang und die Stimmauszählung in §§ 11 ff. BetrVGDV1WO formalisiert und unabdingbar ausgestaltet.(Rn.20)

5. Eine spätere Anfertigung, Korrektur oder Ergänzung des Stimmabgabevermerks sehen die Vorschriften der Wahlordnung nicht vor.(Rn.21) (juris)



Landesarbeitsgericht Köln, 9 TaBV 15/09

Zur Anfechtung einer Betriebsratswahl wegen Verfahrensverstößen bei der Öffnung der Freiumschläge und der Wahlumschläge von Briefwahlen.


Hessisches Landesarbeitsgericht 10.11.2011 9 TaBV 104/11

Das systematische Öffnen der Wahlumschläge durch den Wahlvorstand und der Abgleich der Stimmzettel mit den schriftlichen Erklärungen der Briefwähler begründet als eklatanter Verstoß gegen den elementaren Wahlgrundsatz der geheimen Wahl die Nichtigkeit der Wahl, auch wenn der Verstoß keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis hatte (str.).


LAG Nürnberg 27.11.2007 6 TaBV 46/07

1. Die Betriebsratswahl ist für unwirksam zu erklären, wenn der Wahlvorstand mit der Öffnung der Freiumschläge der Briefwähler vor demjenigen Zeitpunkt beginnt, der im Wahlausschreiben als Beginn des Wahlzeitraums im Wahllokal angegeben ist.

2. Dies gilt auch, wenn der Wahlvorstand hierbei vollzählig versammelt ist; es fehlt an der Öffentlichkeit der Sitzung.

3. Es kann dahinstehen, ob die Wahl auch deswegen für unwirksam zu erklären ist, weil die persönliche Stimmabgabe einiger Wähler schon vor dem als Beginn des Wahlzeitraums benannten Zeitpunkt zugelassen wurde und weil der Wahlvorstand sich bei Briefwählern, die ihre Stimme zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht abgegeben hatten, erkundigt hat, ob sie die zugesandten Briefwahlunterlagen erhalten hätten.(RechtsCentrum)