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Betriebsrat und Wahlvorstand haben eines gemeinsam: wer für ein solches Amt antritt, hat dafür weder eine Ausbildung oder gar ein Studium absolviert. Beide Tätigkeiten haben jedoch einen starken rechtlichen bzw. juristischen Bezug, so dass das erforderliche Rüstzeug zum Verstehen und zur Anwendung der geltenden Vorschriften während der Amtszeit in Form von Schulungen und als Training-on-the-Job erworben werden muss.

Häufige Begriffe

  • ...muss / hat / ist...“: Absolut zwingende Bestimmung, von der nicht abgewichen werden darf. Nichtbeachtung stellt eine Pflichtverletzung dar.
  • ...soll...“: Keine absolut zwingende Bestimmung, von der nur aus sachlichen Gründen abgewichen werden darf.
  • ...kann...“: Entscheidung/Handlung liegt im freien Ermessen.
  • rechtzeitig: Unbestimmter Rechtsbegriff, der immer wieder für Verwirrung sorgt. Wichtig: der angestrebte Zweck muss in der verbleibenden Zeit zu erreichen sein (organisatorische Vorkehrungen, Informationsgewinnung, inhaltliche Vorbereitung, Beratung, vor vollendeten Tatsachen etc.)
  • umfassend: Informationen: alle Informationen, die dem Arbeitgeber vorliegen, müssen auch dem Betriebsrat vorgelegt werden. Der Betriebsrat soll in der Lage sein, seine Aufgaben vollumfänglich wahrnehmen zu können und sich dazu selbständig ein umfassendes Bild machen zu können.
  • jederzeit: Zu allen Zeiten der betriebsüblichen Arbeitszeit.
  • unverzüglich: Ohne schuldhaftes Zögern. Kann man handeln, muss man auch handeln.
  • grober Verstoß: Objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend.
  • Einsichtnahme: Darf der Betriebsrat Unterlagen nur einsehen. so ist es ihm zwar verwehrt, diese mitzunehmen oder zu kopieren, er ist aber nicht daran gehindert, sich Notizen (keine Abschrift!) zu machen. Dies kann ggf. sehr lange dauern.
  • „...vorlegen / überlassen / zur Verfügung stellen...“: Informationen in Form von Unterlagen können vom Arbeitgeber in verschiedener Form übermittelt werden. Bei der Vorlage ist der Betriebsrat nicht berechtigt, die Unterlagen mitzunehmen, kann sich aber Notizen machen. Bei der Überlassung bzw. Zur-Verfügung-Stellung erhält der Betriebsrat ein eigenes Exemplar zur freien Verfügung. Dies geschieht in der Regel in Kopie.
  • mitteilen: Zur Kenntnis geben. In der Regel kein Anspruch auf weitere Informationen.
  • Unterrichtung: Hier kommt es auf die Zusätze an: ob die Unterrichtung mündlich, schriftlich, unter Vorlage oder Überlassung von Unterlagen oder sonstwie zu erfolgen hat, ergibt sich in der Regel aus dem Gesetz. Soweit nicht vorgeschrieben, erfolgt die Unterrichtung formlos. Der BR kann weitere Informationen verlangen, wenn ihm die Unterrichtung nicht vollständig erscheint.
  • Pflichtgemäßes Ermessen: Ein Ermessen liegt dann vor, wenn trotz Vorliegen aller tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsnorm "Spielraum für eine eigene Entscheidung" verbleibt. Dies kann je nach Fall sowohl die Entscheidung, überhaupt tätig zu werden (Entschließungsermessen), als auch die Entscheidung, welche von mehreren Handlungsalternativen (Auswahlermessen) gewählt wird, betreffen. Im Gesetz wird ein Ermessensspielraum häufig mit dem Wort "kann" oder "darf" eingeräumt. Pflichtgemäß bedeutet, das Ermessen im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben und Pflichten wahrzunehmen.


Häufige Abkürzungen

  • aA: anderer Ansicht (damit werden von der vertretenen Rechtsmeinung abweichende Meinungen kenntlich gemacht. Vorsicht, wenn es heißt: aA BAG!)
  • AG: Arbeitgeber
  • AN: Arbeitnehmer
  • aM: andere Meinung
  • Az.: Aktenzeichen
  • BR: Betriebsrat
  • BRM: Betriebsratsmitglied(er)
  • BREM: Ersatzmitglied
  • Beschl.: Beschluss
  • BeschlV: Beschlussverfahren
  • BetrVG: Betriebsverfassungsgesetz
  • f., ff.: folgend, fortfolgend (nach dem genannten Punkt folgen weitere wichtige Angaben, die man lesen sollte)
  • hA, hL, hM: herrschende Ansicht, herrschende Lehre, herrschende Meinung (die Fachwelt vertritt überwiegend diese Meinung, ggf. besteht dazu noch keine Rechtsprechung oder sie weicht von der Rechtsprechung ab)
  • GBR/GesBR: Gesamtbetriebsrat
  • idF: in der Fassung
  • idR: in der Regel
  • KBR: Konzernbetriebsrat
  • lit.: Buchstabe
  • mwN: mit weiteren Nachweisen
  • n.rkr.: nicht rechtskräftig (das Gericht hat seine Entscheidung verkündet, jedoch ist die Frist zur Einlegung der Bechwerde/ Berufung noch nicht abgelaufen oder über das Rechtsmittel ist noch nicht entschieden)
  • PV: Prozessbevollmächtigter (z.B. Rechtsanwalt)
  • RA: Rechtsanwalt
  • Rn., RN: Randnummer
  • Rspr.: Rechtsprechung
  • str.: streitig
  • unstr.: unstreitig
  • vH: vom Hundert (Prozent)
  • VO: Verordnung
  • WVS: Wahlvorstand
  • WO: Wahlordnung


Struktur der Vorschriften

Betriebsverfassungsgesetz und Wahlordnung gliedern sich in Paragraphen („§“) mit fortlaufender Nummerierung. Die einzelnen Paragraphen können durch Absätze ( „Abs.“ oder „(1)“) und/oder nummerierte Listen („Ziff. 1“) weiter untergliedert sein.

Die grundlegenden Vorschriften zur Wahl des Betriebsrats finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in den §§1-20 sowie der Wahlordnung (WO). Sehr häufig sind in den einzelnen Vorschriften Querverweise auf korrespondierende Vorschriften zu finden, die beim Studium intensives Blättern erfordern. Wird bei einem Querverweis nur der Paragraph (§) und nicht die Vorschrift angegeben, so ist der § in derselben Vorschrift zu finden, in der man sich gerade befindet. In der Wahlordnung (WO) findet sich dabei auch häufig die Formulierung „des Gesetzes“; damit ist dann das Betriebsverfassungsgesetz gemeint.

Betriebsverfassungsgesetz und Wahlordnung gliedern sich in Abschnitte, die durch ihre Bezeichnung bereits Hinweise auf ihren Inhalt geben. Grundsätzlich kann als Regel gelten: Im BetrVG finden sich die Grundvorschriften, die in der Wahlordnung weiter detailliert ausgeführt werden; in der Wahlordnung finden sich im ersten Teil (§§1-27 WO) die allgemeinen und für das normale Wahlverfahren geltenden Vorschriften, die durch die für das vereinfachte Verfahren geltenden Vorschriften des zweiten Teils (§§28-37 WO) ergänzt und, besonders wichtig, zum Teil abgeändert werden. Im dritten Teil (§§38-40 WO finden sich die Vorschriften zur Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), die auf den grundlegenden Wahlvorschriften der §§60-64 BetrVG beruhen.


Umgang mit den Gesetzestexten

Wer keinen Leitfaden benutzt oder ergänzende Informationen sucht (anzuraten), der kommt um die Beschäftigung mit juristischer Fachliteratur nicht herum. Da sich im Laufe des Verfahrens immer wieder Fragen ergeben können, die sich aus Leitfaden und reinem Gesetzestext nicht immer beantworten lassen, empfiehlt sich die Anschaffung eines sogen. Gesetzeskommentars. Dieses Arbeitsmaterial gehört zu den notwendigen Wahlkosten und wird daher vom Arbeitgeber bezahlt. Sofern nicht auf die beim bestehenden Betriebsrat vorhandene Literatur zurückgegriffen werden kann oder diese nicht auf dem aktuellsten Stand ist, sollte der Arbeitgeber vom Wahlvorstand unmittelbar nach seiner Bestellung aufgefordert werden, die erforderliche Literatur zu beschaffen.


Literaturempfehlungen

  • Arbeitsgesetzsammlung aus dem Beck Verlag: Sammlung der wichtigsten Arbeitsgesetze im Taschenbuchformat; reiner Gesetzestext; gut geeignet, um auch beim Hin- und Herblättern den Überblick zu bewahren.
  • Kommentare zum Betriebsverfassungsgesetz (z.B. von Fitting oder Däubler, Erfurter Kommentar): Gesetzestext von BetrVG und WO mit auf ergangener Rechtsprechung und Fachliteratur basierendem Kommentar; unverzichtbar, da sich die rechtlich einwandfreie Ausgestaltung der gesetzlichen Vorschriften fast immer erst aus dem Kommentar ergibt, so dass hier viele erhellende Informationen zu finden sind. Fitting und Erfurter Kommentar sind auch von Gerichten verwendete Standardwerke und gelten als eher arbeitgeberfreundlich, der Däubler gilt als eher arbeitnehmerfreundlich.


Handhabung Becksammlung

  • Stichwortverzeichnis: am Ende des Buches
  • Schnellübersicht über die Gesetzestexte: am Anfang des Buches (Ordnungsnummer, Seitenzahl), bei Verwendung verschiedener Ausgaben empfiehlt sich die Nennung von Ordnungsnummer und Paragraph, da die Seitenzahlen von Ausgabe zu Ausgabe variieren
  • Ordnungsnummer: bei aufgeschlagenem Buch jeweils oben rechts und links, daneben das Kürzel des Gesetzesnamens und die jeweiligen auf der Seite aufgeführten Paragraphen


Handhabung Fitting

  • Stichwortverzeichnis: am Ende des Buches (Paragraph, Randnummer)
  • Paragraph: bei aufgeschlagenem Buch jeweils oben links und rechts
  • Aufbau: Text des Paragraphen, Inhaltsübersicht mit Randnummern, Kommentar
  • Randnummern: gliedern den Kommentar in Absätze zur leichteren Auffindbarkeit, stehen in Fettdruck am Seitenrand neben dem Kommentartext


Handhabung Erfurter Kommentar

  • Inhaltsübersicht: Seite XI am Anfang des Buches, alphabetische Listung der Gesetze, links Ordnungsnummer mit Gesetzeskürzel, rechts Seitenzahl
  • Stichwortverzeichnis: am Ende des Buches (Ordnungsnummer, Paragraph, Randnummer)
  • Fundstellennachweis: im Kommentar werden die Fundstellen, die die beschriebene Rechtsauffassung stützen, in Klammern genannt. Neben Urteilen der Arbeitsgerichte (dann heißt es BAG, LAG oder ArbG, ggf. gefunden in verschiedenen Publikationen wie NZA, AiB, AP, EzA) werden auch andere Kommentare bzw. Fachartikel (dann heißt es z.B. DKK/Name, GK-BetrVG/Name oder Name, Titel der Publikation)


Praxis-Tipps

  • Immer die Vorschrift ganz zu Ende lesen, denn Einschränkungen und Ausnahmen werden meist am Ende genannt, so dass sich ein ganz anderes Bild ergeben kann.
  • Auch die Vorschrift vor und nach der eigentlich passenden Vorschrift lesen. Hier werden grundlegende und weiterführende Angaben gemacht, die ebenfalls ein anderes Licht auf die Hauptvorschrift werfen können.
  • Auf dem Schreibtisch sollte die Beck-Sammlung für den schnellen Überblick und suchendes Blättern und ein Kommentar für die vertiefende Recherche liegen.


Arbeitsorganisation des Wahlvorstands

Zur Arbeitsorganisation des Wahlvorstandes finden sich weder im BetrVG noch in der WO eigene Vorschriften. Die Arbeitsweise orientiert sich daher an der des Betriebsrates.

Der Vorsitz des Wahlvorstandes wird bestellt bzw. gewählt, die Wahl einer Stellvertretung ist angezeigt, ebenso die Bestellung von Ersatzmitgliedern.

Da der Wahlvorstand eine Betriebsadresse braucht, wäre ein eigenes Büro mit entsprechender Ausstattung ideal, in der Praxis nutzt der Wahlvorstand oft das Büro des Betriebsrats oder den Arbeitsplatz eines Wahlvorstandmitglieds. Dies erfordert jedoch, dass der Wahlvorstand einen eigenen abschließbaren Schrank sowie einen eigenen Briefkasten erhält und seine Sitzungen und sonstigen Versammlungen in einem Raum abhalten kann, der verttrauliches Arbeiten erlaubt, denn die Sitzungen des Wahlvorstands sind nicht öffentlich.

Die Vorschriften für den Betriebsrat bzgl. Einladung zur Sitzung, Tagesordnung, Anwesenheitsliste, Beschlussfassung und Tagesordnung gelten analog.

Es ist dringend zu empfehlen, das Handeln des Wahlvorstands in allen Schritten zweckmäßig zu dokumentieren.

Der Wahlvorstand entscheidet in eigener Verantwortung, wie und wo er das erforderliche Wissen erwerben will. Eine Schulung ist beim normalen Wahlverfahren problemlos zu realisieren, beim vereinfachten Verfahren ist dies nur beim einstufigen Verfahren denkbar, beim zweistufigen eher ausgeschlossen. Beim letztgenannten Verfahren muss das Wissen bereits vor der Bestellung zum Wahlvorstand erworben und ggf. auf kompetente Begleitung gesetzt werden. Die Kosten für den Wissenserwerb trägt der Arbeitgeber.

Alle vorgeschriebenen Entscheidungen, Feststellungen und Prüfungen usw. nimmt der vollzählige Wahlvorstand auf Sitzungen vor.

Büroaufgaben wie das Versenden von Schreiben, anbringen von Aushängen und entgegennehmen von Erklärungen, Einwänden, Listen usw. sollten mindestens zu zweit vorgenommen werden, um die ordnungsgemäße Durchführung im Zweifel beweisen bzw. bezeugen zu können.


Persönliche Voraussetzungen

Das Gesetz fordert nur, dass die Wahlvorstandsmitglieder die Wahlberechtigung besitzen. Gleichwohl sind einige weitere Eigenschaften, Fähigkeiten und Kompetenzen von Vorteil, um diese anspruchsvolle Aufgaben ordnungsgemäß bewältigen zu können:

  • Genauigkeit
  • Ordnungssinn
  • Verantwortungsbewusstsein
  • Sicherheitsdenken
  • Integrität und Unbestechlichkeit
  • Erfahrung mit und Freude an formalisierten Vorgängen und Arbeitsweisen
  • Erfahrung mit und Verstehen von juristischen Texten
  • arbeitsrechtliche Kenntnisse
  • Entscheidungsfähigkeit
  • Führungsstärke
  • Selbstbehauptung und Konfliktfähigkeit
  • selbständiges Lernen und Arbeiten
  • Trennung eigener anderer Interessen vom Amt