§2 WO Wählerliste

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§2 Wählerliste

Wird angewendet in allen Wahlverfahren. Abänderungen im vereinfachten Wahlverfahren durch §30 WO.


(1) Der Wahlvorstand hat für jede Betriebsratswahl eine Liste der Wahlberechtigten (Wählerliste), getrennt nach den Geschlechtern, aufzustellen. Die Wahlberechtigten sollen mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden. Die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht passiv Wahlberechtigten sind in der Wählerliste auszuweisen.

  • An dieser Stelle sind insbesondere §§ 5 und 18a BetrVG zu beachten. Die Wählerliste ist erst nach Abschluss des Verfahrens n. §18a BetrVG vollständig aufstellbar.
  • Aufstellung und Änderung nur per Beschluss des WVS.
  • Einsprüche bis 2 Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens zulässig.
  • Änderungen bei Eintritt oder Ausscheiden von Arbeitnehmern bis 1 Tag vor erstem Wahltag möglich.

Praxis-Tipp: Überprüfung der Wählerliste

Die letzte Überprüfung und ggf. Änderung der Wählerliste wird auf einer orndungsgemäßen Sitzung des WVS am Tag vor der (ersten) Stimmabgabe) durchgeführt; Änderungen der Liste werden beschlossen.

  • Ggf. das Eintrittsdatum mit aufnehmen
  • Leih-AN haben sofort aktives Wahlrecht nach §7 (2) BetrVG, wenn sie länger als 3 Monate beschäftigt werden sollen.
  • Zu gekündigten AN :
    • ordentliche Kü: aktives und passives Wahlrecht bis Ablauf Kü-Frist und während Kü-Schutzstreit bei Weiterbeschäftigungsanspruch (ohne Beschäftigungsanspruch kein aktives Wahlrecht!)
    • außerordentliche Kü: sofortiger Verlust des Wahlrechts ab Zugang, außer bei Vorliegen des allgemeinen Anspruchs auf Weiterbeschäftigung


(2) Der Arbeitgeber hat dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Er hat den Wahlvorstand insbesondere bei Feststellung der in § 5 Abs. 3 des Gesetzes genannten Personen zu unterstützen.

  • Rechtspflicht des AG, ggf. mit Fristsetzung einfordern.
  • Bei Nichterfüllung kann WVS gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen (Beschlussverfahren, Einstweilige Verfügung)

Praxis-Tipp: Auskünfte für die Wählerliste

Gerne werden vom Arbeitgeber Wahlberechtigte unterschlagen. Es kann daher sinnvoll sein, vom Arbeitgeber eine „Liste aller im Betrieb tätigen Personen“ unabhängig von ihrem Verhältnis zum Arbeitgeber“ anzufordern und selbst die Prüfung hinsichtlich der Wahlberechtigung und Wählbarkeit vorzunehmen.


(3) Das aktive und passive Wahlrecht steht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu, die in die Wählerliste eingetragen sind. Wahlberechtigten Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes steht nur das aktive Wahlrecht zu (§ 14 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes).

  • Vergl. hierzu auch §5 BetrVG
  • Wahlberechtigt unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit sind:
    • AN nach §5 BetrVG allgem.
    • Teilzeitbeschäftigte
    • Praktikanten/Volontäre/Anlernlinge in privatrechtlicher Vertragsbeziehung
    • Tele-AN
    • Heim-AN, wenn überwiegend für diesen AG tätig
    • Auszubildende, wenn nicht bei einem Ausbildungsträger beschäftigt
    • Leih-AN
    • AN in kurzfristiger Versetzung
    • AN im vorübergehenden Auslandseinsatz
    • AN in Wehr-/Zivildienst, Elternzeit, Mutterschutz
    • AN eines anderen AG, welche geplant länger als 3 Monate im Betrieb beschäftigt werden sollen oder ungeplant tatsächlich beschäftigt werden. Unterbrechungen sind unschädlich, wenn Sachzusammenhang zwischen Tätigkeiten besteht.
   Liste nicht abschließend
  • Nicht-Wahlberechtigt sind:
    • Leitende Angestellte
    • Ein-Euro-AN nach §16 Abs.3 SGB II
    • AN eines anderen, werkvertraglich verbundenen Unternehmens
    • AN in Altersteilzeit mit Beginn der unwiderruflichen Freistellung
    • Unwiderruflich dauerhaft freigestellte Beschäftigte
   Liste nicht abschließend
  • Grenzfälle: bei so genannten Freien, Selbständigen, Auf-Rechnung-arbeitenden, Aushilfen usw. wird häufig vom Arbeitgeber die Auffassung vertreten, dass diese keine Arbeitnehmer des Betriebes seien. Hier kommt es einzig und allein auf den Grad der Abhängigkeit an bzw. auf die Frage, wie weit diese Beschäftigten den Weisungen des Arbeitgebers unterliegen (Eingliederung i. d. Betriebsablauf, Grad der Freiheit i. d. Ausgestaltung der Arbeit hinsichtlich Inhalt, Zeit, Ort). Hier muss der WVS vom Arbeitgeber vollständige Auskunft über die tatsächliche Ausgestaltung der Beschäftigung verlangen und ggf. auch selbst bei den Betroffenen (diskret) nachforschen.

Praxis-Tipp: Entscheidung der Wahlberechtigung

Die Entscheidung, wer wahlberechtigt ist und wer nicht, trifft allein der WVS! Gleichwohl kommt es in der Praxis immer wieder zum Streit mit dem Arbeitgeber. Da eine fehlerhafte Entscheidung die Aussichten einer Anfechtung verbessert und dem WVS die erforderliche Rechtskompetenz ifR fehlt, sollte immer fachkundige Unterstützung und Rat eingeholt werden.


(4) Ein Abdruck der Wählerliste und ein Abdruck dieser Verordnung sind vom Tage der Einleitung der Wahl (§ 3 Abs. 1) bis zum Abschluss der Stimmabgabe an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen. Der Abdruck der Wählerliste soll die Geburtsdaten der Wahlberechtigten nicht enthalten. Ergänzend können der Abdruck der Wählerliste und die Verordnung mittels der im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik bekannt gemacht werden. Die Bekanntmachung ausschließlich in elektronischer Form ist nur zulässig, wenn alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen können und Vorkehrungen getroffen werden, dass Änderungen der Bekanntmachung nur vom Wahlvorstand vorgenommen werden können.

  • Das Original mit allen Daten wird nicht ausgelegt bzw. ausgehängt, sondern bleibt beim WVS.
    • Es empfiehlt sich, die elektronische Verbreitung nur als zusätzlichen Informationsweg zu nutzen.


(5) Der Wahlvorstand soll dafür sorgen, dass ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, vor Einleitung der Betriebsratswahl über Wahlverfahren, Aufstellung der Wähler- und Vorschlagslisten, Wahlvorgang und Stimmabgabe in geeigneter Weise unterrichtet werden.

  • Die Information kann in Versammlungen mit Dolmetscher oder Merkheften in den jeweiligen Sprachen erfolgen.
  • Wichtig: diese Information muss vor Aushang des Wahlausschreibens erfolgen
  • Ggf. muss der WVS feststellen, ob und inwieweit bestimmte Arbeitnehmer der deutschen Sprache mächtig sind (mit entsprechendem Beschluss)
  • Informationen/Aushänge usw. immer mehrsprachig (wo erforderlich)


Rechtsprechung

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.04.2014 3 TaBVGa 2/14

Informationspflicht für die Erstellung der Wählerliste - Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands - einstweilige Verfügung

Leitsatz

1. Der Arbeitgeber kann gegenüber dem Wahlvorstand die Erteilung der Auskünfte für die Wählerliste nur verweigern, wenn die beabsichtigte Betriebsratswahl voraussichtlich nichtig ist.

2. Die Verkennung des Betriebsbegriffs führt regelmäßig nicht zur Nichtigkeit einer Betriebsratswahl.

3. Allenfalls gravierende, besonders grobe und offensichtliche Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstandes können diese nichtig machen und den Arbeitgeber berechtigen, die Erteilung der Auskünfte für die Wählerliste zu verweigern.


Praxis-Tipp: Aushänge

Die Wahlordnung, das Wahlausschreiben, weitere Aushänge und Erläuterungen zum Wahlverfahren sind in den jeweiligen Sprachen von Gewerkschaften zu beziehen.

Da das Wahlverfahren selbst für deutsche Muttersprachler nicht einfach zu verstehen ist und seine Erläuterung die Verwendung bestimmter (Rechts-) Begriffe verlangt, sollte ein kompetenter Dolmetscher vorab mit der auf ihn zukommenden Aufgabe vertraut gemacht werden, indem ihm der WVS alle notwendigen Informationen vorab zukommen lässt.